Schonender Transport per Drehleiter (sh:z - 11. Januar 2008)
Gisela P. ist 83 Jahre alt. Sie wohnt nach wie vor in ihrer Zwei-Zimmer-Wohnung – in der westlichen Altstadt, erster Stock. Schon oft hat sie darüber nachgedacht, ob es nicht besser wäre, in ein Heim zu ziehen – und sei es nur, um regelmäßig unter Aufsicht zu sein. Die Beine wollen schon lange nicht mehr so, und die Kinder wohnen weit weg. Aber bislang ist immer noch alles gut gegangen, und die Selbstständigkeit aufzugeben – womöglich ein für alle Mal – dafür fühlt sich Gisela P. noch nicht alt genug. „Denn wenn ich erst einmal im Heim bin . . .“, flüstert sie leise und bringt den Gedanken einmal mehr nicht zu Ende...

Aber dann passiert es. Als sie mittags einen Kochtopf aus dem Hängeschrank in der Küche holen will, wird ihr plötzlich schwindelig. Ehe sie sich versieht, sacken Gisela P. die Beine weg. Sie fällt zu Boden. Ein stechender Schmerz durchzuckt sie. Und als die alte Frau wieder einigermaßen bei Sinnen ist, merkt sie, dass sie nicht allein aufstehen kann. Gott sei Dank hat sie ihr schnurloses Telefon in der Küchenschürze – so wie es ihr die Kinder empfohlen haben. Mit zittrigen Fingern kramt sie nach dem Gerät, wählt die 112.

Keine drei Minuten später sind Rettungswagen und Notarzt zur Stelle. Die Diagnose entspricht den schlimmsten Befürchtungen der Seniorin: Oberschenkelhalsbruch. Der Transport ins Krankenhaus ist unvermeidlich. Doch das stellt die Rettungskräfte vor neue Herausforderungen. Das Treppenhaus der Altbauwohnung ist furchtbar eng. Außerdem wollen die Helfer mit dem heiklen Transport über die steile Treppe kein noch größeres Risiko für den Patienten eingehen.

Nach kurzer Überlegung entscheidet der Arzt, dass die Helfer Hilfe brauchen und rufen die Feuerwehr. Die rückt mit der Drehleiter an, deren Korb über eine so genannte Krankentragehalterung verfügt. Die erlaubt es den Blaujacken, einen Kranken mit Hilfe von Notarzt und Rettungspersonal aus dem Fenster sanft zu Boden schweben zu lassen. „Das ist vielfach die schonendste Methode“, erklärt Husums stellvertretender Wehrführer Peter Post. Einsätze wie diese haben in den vergangenen Jahren zugenommen, weiß Wehrführer Jürgen Jensen – und das nicht nur in Husum, sondern auch im Umland. 2002 mussten die Blaujacken ganze zwei Mal zu solchen Einsätzen ausrücken. 2007 waren es zehn – Tendenz steigend. Doch sind es nicht nur entsprechende „Verletzungsmuster“, die einen schonenden Transport erforderlich machen. In einigen Fällen handelt es sich auch um übergewichtige Patienten, die dieser besonderen Behandlung bedürfen – besonders, wenn sie in schwer zugänglichen Wohnungen leben. Und davon gibt es in Husum einige.

„Wir bedienen uns dieser Hilfsmittel aber auch deshalb, weil es sie gibt“, sagt ein Mitarbeiter der Kreisleitstelle und denkt dabei natürlich nicht nur an die Patienten, sondern auch an die Hilfskräfte selbst. Gleichwohl hat selbst die „Krankentrageehalterung“ Grenzen. Ab 160 Kilogramm kommt sie nicht mehr zum Einsatz. Dann hilft nur noch die Schleifkorbtrage, „an deren Lastgrenzen wir bislang nicht gestoßen sind“, sagt Jensen.